Das Westfield Hamburg-Überseequartier in Hamburg ist ein Musterbeispiel auch für uns in der Gruppe

Das Westfield Hamburg-Überseequartier in Hamburg ist ein Musterbeispiel auch für uns in der Gruppe 2560 1843 Westfield Hamburg-Überseequartier

MW: Herr Hünerbein, Unibail-Rodamco-Westfield entwickelt zurzeit in der Hafencity in Hamburg das sogenannte Westfield Hamburg-Überseequartier. Was ist das besondere an dieser Mixed-Use-Projektentwicklung?

Dirk Hünerbein: Zum einen ist allein die Größe schon etwas Besonderes – dabei meine ich nicht nur die Investitionssumme von mehr als einer Milliarde Euro. Das Quartier wird mit seinen 419.000 Quadratmeter Gesamtfläche dreimal so groß wie der Hamburger Fischmarkt. Das Millerntor-Stadion – Fußballstadion und Heimat des FC St. Pauli mit Platz für 30.000 Besucher – würde dort 14-mal hineinpassen. Das Westfield Hamburg-Überseequartier ist die größte innerstädtische Baustelle in Europa. Schon die über 20 großen Kräne, die dort permanent im Einsatz sind, bieten ein faszinierendes Bild. Es gibt nicht nur kein vergleichbares Quartier in Europa, sondern es ist auch eine Blaupause für uns in der Gruppe, für künftige Projekte in anderen Länder und Städten. Der Ansatz der absoluten Nutzungsdurchmischung und dabei kein Segment auszulassen, von Jung bis ganz Alt zu denken, einen pulsierenden Ort für Einheimische sowie Touristen von nah und fern zu schaffen, auch höchste Standards in den Bereichen digitale Vernetzung und Nachhaltigkeit, sowohl in ökologischer als auch sozialer Hinsicht, zu setzen – das ist auch für uns momentan einzigartig. Uns war es dabei wichtig, ein Gefühl von Stadt, von einem hohen Maß an Urbanität, bei diesem Projekt zu vermitteln. Wir stellten uns zuvor natürlich die Frage, was ein Quartier der Zukunft überhaupt ausmacht und welche Nutzungsbausteine dafür wichtig sind. Das ist im Grunde das, was dieses Quartier ausmacht und es auch besonders macht: Dass es durch die verschiedenen Nutzungsbausteine Wohnen, Arbeiten und Freizeit eine Erweiterung der Innenstadt für sich definiert und den Menschen, die dort leben, arbeiten oder ihre Freizeit verbringen, genau das Gefühl geben, sich in einem attraktiven, hochverdichteten und pulsierenden Stück Stadt zu befinden. Mit dem Überseequartier erschaffen wir einen pulsierenden Ort, der nicht nur für Hamburg und regional, sondern auch international eine Strahlkraft haben wird.

MW: Wie sieht diese Nutzungsdurchmischung konkret aus?

Dirk Hünerbein: Wir realisieren bei diesem Quartier 48.000 Quadratmeter Bürofläche mit Platz für 4.000 Arbeitsplätze, drei Hotels mit circa 830 Zimmern, drei Wohngebäude – darunter das Senior-Living-Projekt von TERRAGON und Garbe mit 186 Wohnungen sowie 400 weitere Wohnungen – und 100.000 Quadratmeter im Bereich Einzelhandel, Gastronomie und Freizeit. Es werden mehr als 40 Gastronomieeinheiten, das erste Kinopolis Hamburgs, das erste LEGOLAND Discovery Centre und der erste Breuninger Department Store in der Hansestadt sowie zahlreiche andere Flagshipstores vorhanden sein – und nicht zu vergessen das Kreuzfahrt-Terminal. Da sich das Quartier direkt an der Elbe befindet, ist auch das möglich. Darüber hinaus ist es uns wichtig, das hanseatische Flair aufzugreifen. Die lokale Tradition, das Erbe der Stadt, das sich in der Architektur und den traditionellen Baumaterialien wiederfindet, zeigt sich auch im Brand-Mix. Neben internationalen und nationalen Marken wird es viele lokale Marken geben, die aus Hamburg kommen und dort präsent sind – wir nennen sie „Local Champions“. Gerade dadurch wollen wir bewusst den Bezug zu Hamburg und eine Authentizität erreichen, die allein mit den Marken, die man in vielen Highstreets findet, nicht hätte.

MW: Welchen Stellenwert hat der Mehrgenerationengedanke bei diesem Projekt? Gibt es neben den Senioren auch Vorteile für die anderen Nutzer und Besucher eines solchen Quartiers?

Dirk Hünerbein: Gerade das Zusammenkommen verschiedener Generationen ist erwünscht und bringt einen großen Mehrwert – für das Quartier, die Region und auch für die Nutzer. Dieser Mix aus Innenstadtflair, vibrierendem Platz mit diversen Freizeitmöglichkeiten ist schon etwas ganz Besonderes, womit wir alle Generationen ansprechen – Jung und Alt. Gerade Menschen um die 60 überlegen heutzutage ganz genau, wo sie ihr Alter verbringen und wie sie leben möchten. Und das ist nicht die grüne Aue und das oftmals leer gewohnte Haus. Sondern sie entscheiden sich ganz bewusst dafür, mehr Möglichkeiten für ein aktives Leben zu haben. Die heutige Altersgruppe 60 plus erwartet mehr vom Leben als Senioren früher. Die Infrastruktur des Überseequartiers mit all den Angeboten vor Ort – fußläufig ins Kino zu gehen, kulinarisch vor Ort etwas zu erleben und unten im Haus in die U-Bahn einzusteigen – das ist eine Qualität, die sonst sehr selten ist. Wir schaffen einen Ort, der gerade durch die Vielfalt an Möglichkeiten verschiedenen Generationen die Chance gibt, sich auszutauschen und etwas miteinander zu erleben. Und wenn es einem zu quirlig wird, dann kann man an der Elbe entlangspazieren, zum Beispiel Richtung Landungsbrücken, oder ist in wenigen Minuten in größeren Parks.

Dirk Hünerbein: Insbesondere Mittelstädte bieten Potenzial für neue Ansätze. Die Highstreet ist hier oftmals stärker auf ein Zentrum fokussiert, dessen Kern ein oder wenige große Filialisten bilden. Durch den Wegfall zentraler Ankermieter ist der Handlungsdruck in diesen Städten akuter, aber die Gestaltungsmöglichkeit aufgrund des geringeren Miet- bzw. Preislevels auch realistischer. Insbesondere die Umstrukturierung von nicht mehr bzw. nur teilweise genutzten großen Warenhäusern kann hier als Chance und Impulsgeber verstanden werden, um sich Mixed-use-Konzepten zu nähern.

MW: Was sind eigentlich die größten Herausforderungen bei diesem Projekt?

Dirk Hünerbein: Meine Antwort mag etwas überraschend sein, denn es ist nicht die hohe Komplexität in der Bauausführung oder Baustellenlogistik, die natürlich auch beachtlich ist. Sondern die größte Herausforderung ist die stockende Digitalisierung in den verschiedenen Ländern. Teilweise müssen wir uns mit rund 350 Architekten und Ingenieuren absprechen, die über ganz Europa verteilt sind, und die in verschiedenen Leistungsphasen zum Einsatz kommen und planen. Wenn diese coronabedingt im Homeoffice arbeiten, macht es die schlechte Netzqualität manchmal schwierig, beispielsweise 3-D-Modelle virtuell zu übertragen und Planungen zu synchronisieren.

MW: Welche Bedeutung hat das Senior-Living-Projekt von TERRAGON und GARBE im Rahmen des gesamten Quartiers?

Dirk Hünerbein: Eine außerordentlich große. Das multifunktionale Gebäude innerhalb unseres gemischt genutzten Quartiers greift die Mehrgenerationenidee des gesamten Projekts auf. Deshalb ist es ein wichtiger Baustein des Quartiers. Oberhalb von Retail- und Freizeitflächen entstehen die Premium-Wohnungen für Best-Ager. Das ganze Konzept ist sozusagen eine kleine Stadt in der Stadt, weil nicht nur Apartments gebaut werden, sondern weil der Community-Gedanke mitgedacht wird und große Gemeinschaftsbereiche entstehen, wo man zusammen Zeit verbringen, essen, Fitness machen oder den großen Spa-Bereich nutzen kann. Es wird eine Vielzahl an Services und Dienstleistungen direkt im Gebäude geben. Mit all den Angeboten ist dieses moderne Senior-Community-Living-Konzept eine optimale Ergänzung unseres Quartiers und setzt zudem auch einen starken Impuls für dessen Vielfältigkeit. Darüber hinaus war uns wichtig, erfahrene und kompetente Partner an unserer Seite zu haben für die Umsetzung dieses modernen und innovativen Projekts. Und mit TERRAGON und Garbe haben wir das.

MW: Wird Seniorenwohnen auch künftig ein Thema für Sie bleiben? Wie schätzen Sie den Bedarf in diesem Segment ein?

Dirk Hünerbein: Ja, absolut. Denn ich sehe riesiges Potenzial und einen sehr hohen Bedarf in diesem Bereich. Dass dieser Bedarf gedeckt werden muss, wird meiner Meinung nach übrigens viel zu wenig gesellschaftlich diskutiert. Dass wir alle älter werden, ist klar. Und gerade Service-Wohnen bringt eine hohe Sicherheit mit, dass man gut versorgt ist und so lange wie möglich autonom leben kann. Da würde ich mir eine größere öffentliche Auseinandersetzung mit diesem Thema wünschen.

Dirk Hünerbein